Kathrin Schäfer
Interviewpartnerin: Kathrin Schäfer
Interviewerin: Jule Loreth
Datum: 13.02.2025
Ort: Im Cheers, in Kandel
Kathrin Schäfer wuchs in Wörth und Kandel auf, besuchte von 1998 bis 2004 die IGS Kandel und schloss diese mit der Mittleren Reife ab. Nach ihrem Schulabschluss entschied sie sich für eine 3-jährigen Ausbildung zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin. Sie arbeitet heute im Ambulanten Hospiz-Zentrum Südpfalz und lebt mit Ihrem Mann und drei Kindern in Minderslachen.
Jule: |
Guten Abend, vielen Dank dass Sie gekommen sind. Wie würden Sie sich als Person definieren?
|
Kathrin:
|
Meine Freunde sind mir sehr wichtig. Ich habe ein gutes Gefühl für Menschen. Mein Umfeld schätzt mich für meine Empathie, mein Mann besonders auch mein Organisationstalent. |
Jule: |
Haben Sie Leidenschaften oder Hobbys denen Sie nachgehen?
|
Kathrin: | Ich lebe für meine „kleine“ Großfamilie. In meiner Freizeit engagiere ich mich seit über 20 Jahren ehrenamtlich in der Freiwilligen Feuerwehr Kandel. Neben dem Zusammenhalt der „Blaulichtfamilie“ mag ich den technischen Aspekt bei Einsätzen und Übungen. Das bildet einen guten Kontrast zu meinem beruflichen Alltag. Wenn ich richtig die Seele baumeln lassen möchte, zieht es mich mit der Familie in die Berge. In der Natur kann ich Kraft tanken. Außerdem reite ich seit meinem 11 Lebensjahr. |
Jule: |
Beschreiben Sie uns kurz Ihren Weg nach der Schule.
|
Kathrin: | Ich hatte mich nach der Schule für ein soziales Jahr beworben und wollte dann Hebamme werden, doch ich habe nur Absagen bekommen, da man die Ausbildung erst ab 17 Jahren machen konnte und ich damals erst 16 Jahre alt war. Im Vinzentius Krankenhaus Landau wollte ich dann mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr die Zeit bis zur Hebammenausbildung überbrücken. Dort bot man mir im Anschluss eine Ausbildungsstelle zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin an, die ich angenommen habe.“ |
Jule: |
Was ist Ihnen aus Ihrer Ausbildungszeit heute noch besonders präsent?
|
Kathrin: | Die Ausbildung war vielfältig. Wenn man sich aus dem behüteten Schulumfeld auf einmal im Klinikalltag wiederfindet, reift man schnell. Das erste Kind, das ich nach einer Handverletzung versorgt habe, werde ich nie vergessen. |
Jule: |
Sie arbeiten im Ambulanten Hospiz-Zentrum Landau. Wie war Ihr Werdegang dahin?
|
Kathrin: | Nach der Ausbildung war ich ein Jahr in der BG Klinik Ludwigshafen auf der Station für Handchirurgie und plastische Chirurgie tätig. Dann habe ich in Kandel in Asklepios Klinik Kandel gearbeitet, für zwei Jahre auf der Intensivstation. Das war für mich so einschneidend, weil ich gemerkt habe, dass ich dem Thema Tod und Sterben mehr Raum geben möchte. Mir ist klar geworden, dass dies einfach zu unserem Leben dazu gehört. […]. Ich wollte die Weiterbildung zur Palliative Care Fachkraft machen. Nach der Weiterbildung hatte ich den Plan, mich in einem Hospiz, einem ambulanten Hospizzentrum oder bei der SAPV (spezialisierte ambulante Palliative Versorgung) zu bewerben und bin dann beim Vinzentius Krankenhaus auf die Stelle ,,Hospiz-Fachkraft im Ambulanten Hospizzentrum‘‘ gestoßen. Mittlerweile bin ich seit 1,5 Jahren in diesem Team und fühle mich dort sehr wohl.“ |
Jule: |
Braucht man besondere Interessen oder Eigenschaften für den Beruf, den Sie jetzt ausüben?
|
Kathrin: | Wie in vielen sozialen Berufen sind die typischen Soft Skills Einfühlvermögen, Empathie und Mitgefühl unabdingbar. Die kann man auch nicht in einer Ausbildung lernen, sondern diese Charakterzüge muss man mitbringen. Auf der anderen Seite braucht man eine „dicke Haut“, denn bei all dem Mitgefühl, darf man nicht mitleiden. Die Menschen kommen zu uns, weil sie nicht mehr weiterwissen, da braucht es neben der Empathie professionelle Distanz. |
Jule: |
Welche Aufgaben erfüllt ein ambulantes Hospizzentrum?
|
Kathrin: | Wir bieten eine kostenfreie Begleitung und Unterstützung durch speziell geschulte haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu gehört psychosoziale Unterstützung durch geschulte ehrenamtliche MitarbeiterInnen, Lebensbegleitung in der Zeit des Sterbens, Beratung bezüglich palliativpflegerischer und – medizinischer Maßnahmen (z. B. Schmerztherapie) in Abstimmung mit behandelnden Ärzten und beteiligten Pflegediensten, Angebot der hospizlichen Versorgung, psychosoziale Beratung, Angehörigenanleitung (psychosozial und bei palliativpflegerischen Maßnahmen), Koordination aller Beteiligten im Versorgungsnetz, Vermittlung weitergehender Hilfen, Trauerbegleitung. Dieses Angebot ist für die Hilfesuchenden kostenlos. Unsere Arbeit wird zwar durch die Krankenkassen gefördert, jedoch verbleiben dauerhaft ungedeckte Kosten. Dadurch ist unser Dienst auf Spenden angewiesen. Somit ist auch die Öffentlichkeitsarbeit ein wichtiger Bestandteil. |
Jule: |
War die Arbeit mit dem Ehrenamt und der Öffentlichkeitsarbeit etwas Neues für Sie?
|
Kathrin: | Durch meine langjährige Tätigkeit in der Feuerwehr ist mir bewusst, was Ehrenamtliche leisten und mit welcher Hingabe sie sich einsetzen. Ohne diesen Einsatz wäre das alles so nicht möglich. Zur Öffentlichkeitsarbeit gehören auch offizielle Termine auf der Bühne, z.B. bei Spendenübergaben oder Benefizveranstaltungen. Ich stehe nicht gerne im Rampenlicht und in diesen Situationen denke ich manchmal an die Schulzeit und das Fach „Darstellendes Spiel“ bei Herrn Haug zurück. |
Jule: |
Kann jeder ehrenamtliche/r Mitarbeiter*in werden?
|
Kathrin: | Jein… Voraussetzung ist eine Qualifikation zur ehrenamtlichen Hospizbegleiter*in. Unsere Ehrenamtlichen setzen sich im Rahmen ihrer Begleitungen intensiv mit den Themen Sterben, Tod und Trauer auseinander. Das kann und will nicht jeder. Durch die intensive Begleitung baut man (zwangsläufig) eine Bindung zu den Menschen auf. Auch wenn man die persönliche Reife dafür mitbringt, ist es wichtig die Erlebnisse zu verarbeiten. Dazu bieten wir regelmäßig Hospiz- und Supervisionsgruppen an. |
Jule: |
Machen Sie irgendwas zum Gedenken an die Verstorbenen?
|
Kathrin: | Ja, einmal im Jahr gestalten wir einen Gedenkgottesdienst für die im vorherigen Jahr Verstorbenen, zu dem wir einladen. Zu diesem Gottesdienst können alle kommen, Familienmitglieder, als auch Zugehörige des Verstorbenen, ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeiter des Dienstes.‘‘ |
Jule: |
Nimmt Sie das sehr mit und wenn ja, wie gehen Sie damit um?
|
Kathrin: | Wir haben immer regelmäßig Supervision, ein professionell moderierter Austausch und ich habe ein tolles Team, bei dem wir sehr aufeinander achten und geschaut wird, wie es dem Einzelnen geht. Der Austausch untereinander ist wichtig, um bestimmte Situationen besser verarbeiten zu können. Es gibt Schicksale, die einen sehr mitnehmen. Oft helfen wir den Menschen in Situationen, in denen sie nicht mehr weiterwissen und sich auch allein gelassen fühlen. Dieses Feedback bekommen wir immer wieder. Wir nehmen uns die Zeit, hören zu, sind da, halten mit ihnen aus und begleiten sie. |
Jule: |
Würden Sie sagen, dass Sie in der Schule schon wussten, was Sie später machen möchten oder ist das erst mit der Zeit gekommen?
|
Kathrin: | Ich war schon immer sozial veranlagt. Technik und Naturwissenschaft waren nie mein Ding. Mit Menschen zusammenzuarbeiten und ihnen zu helfen hat mir immer viel gegeben. Unserer Klassenlehrer Herr Haug hat uns immer bestärkt das zu tun, was uns Freude bereitet. Daran erinnere ich mich sehr gut. |
Jule: |
Würden Sie alles nochmal so machen, wie Sie es bis jetzt gemacht haben?
|
Kathrin |
Bei meinem beruflichen Werdegang würde ich nichts anders machen. Wenn ich die Zeit nochmal zurückdrehen könnte, würde ich nach der Schule mir eine Auszeit gönnen und ein Jahr die Welt bereisen.
|
Jule: |
Würden Sie sagen, Sie sind erfüllt in dem, was Sie tun?
|
Kathrin: | Ja, ich liebe meine Arbeit! Hier bin ich angekommen zu sein, hier kommen meine Stärken optimal zur Geltung. Ich kann mit den Aufgaben wachsen, mich entwickeln. |
Jule: |
Ist es schwierig, Ihren Beruf mit dem Privatleben zu kombinieren? Was macht es psychisch mit Ihnen und können Sie daheim abschalten?
|
Kathrin: | In der Regel reicht mir die 20-minütige Autofahrt nach Hause, um auf andere Gedanken zu kommen. Manche Gedanken nimmt man eben doch mit nach Hause. Das gehört in diesem Beruf wohl dazu. |
Jule: |
Hätten Sie im Nachhinein lieber das Abitur gemacht oder war das so richtig für Sie?
|
Kathrin: | Bei meinem beruflichen Werdegang hätte es mir keinen Vorteil gebracht. [...] |
Jule: |
Empfehlen Sie die IGS weiter oder sagen Sie im Nachhinein, eine andere Schule wäre besser gewesen?
|
Kathrin: | Ich blicke sehr zufrieden auf meine Schulzeit zurück. Wir hatten eine tolle Klassengemeinschaft und wirklich gute Lehrer. Das Unterrichtsangebot hob sich schon damals von anderen Schulen ab. Mir hat das Darstellende Spiel sehr gefallen. |
Jule: |
Möchten Sie den Schüler*innen irgendwas mitgeben?
|
Kathrin: | Probiert euch aus und nehmt Niederlagen in Kauf, an ihnen wächst man. Entscheidungen, die man trifft, sind nie in Stein gemeißelt. Seid mutig und traut euch, wenn ihr einen neuen Weg einschlagen möchtet. Es gehört auch etwas Mut dazu sich einzugestehen, dass zum Leben auch der Tod gehört. Für mich ist das Thema Tod und Sterben alltäglich. Das ist es für viele Menschen nicht so. Das ist auch in Ordnung, dennoch darf man den Tod nicht verschweigen, da er zum Leben dazu gehört. Ich wünsche mir, dass sich die Gesellschaft dafür öffnet und das Sterben und der Tod kein Tabu-Thema ist. |
Jule: |
Vielen Herzlichen Dank für Ihre Zeit!
|
Kathrin: | Danke, dass Sie mich interviewt haben, ich fühle mich geehrt. |
______________ |