Knapp 5 Wochen nach Beginn des neuen Schuljahres war es wieder so weit: Zum zweiten Mal fand der Demokratietag statt, ein Projekttag an der IGS Kandel, an dem sich die gesamte Schulgemeinschaft von Klasse 5-13 mit diesem Thema auseinandersetzte.
Dieser frühe Termin wurde bewusst gewählt, konnte so doch die renommierte Wanderausstellung “Gegen das Vergessen”, die sich für drei Wochen im Außengelände der Schule befindet, noch einmal besonders eingebunden und unterrichtlich gewürdigt werden.
Neben einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema Holocaust wurden verschiedene weitere Aspekte von Demokratie betrachtet. Die brandneuen 5er nutzten beispielsweise den Tag, um in ihren Klassen den “Klasssenrat” einzuführen, ein Verfahren, das im Kleinen basisdemokratische Fähigkeiten übt. Die 6. Klassen erstellten verschiedene Produkte zu dem Buch “Als die Raben noch bunt waren” und näherten sich so intuitiv den gesellschaftlichen Problemen Ausgrenzung von Minderheiten.
Andere Klassenstufen setzten verschiedene Schwerpunkte innerhalb der Jahrgänge: So bearbeitete die Klasse 7d – unter dem Einsatz theatraler Methoden – die Leitlinien unseres Grundgesetzes.
Während die Klassen 7c und 10d die Schule zu Exkursionen verließen, um die Stellen aufzusuchen, an denen in Kandel „Demokratie vor Ort“ praktiziert wird, ging die Klasse 8c noch einen Schritt weiter und besuchte und erkundete die Kreisverwaltung in Germersheim. Mithilfe des Planspiels „Nafasia“, konzipiert von der europäischen Kommission, erfuhr die Klasse quasi am eigenen Leib, welche Hürden bei der Gesetzgebung zu nehmen sind.
Die drei anderen 8. Klassen besuchten an diesem Tag das Hambacher Schloss, in welchem museumspädagogische Workshops zur „Wiege der deutschen Demokratie“ auf sie warteten. Die Lehrerinnen und Lehrer der 11. Klassen präsentierten ein breites Workshopangebot, welches alle Schülerinnen und Schüler des Jahrgangs durchliefen: Politische Lyrik, Künstlerische Auseinandersetzung mit Flugblättern sowie die Entstehung von Mythen und Fake-News. Zur selben Zeit analysierte die Klasse 12b die Dokumentation „Der Brexit – Verkauf der Demokratie?“ und die Klasse 13b nahm die deutsche Parteienlandschaft unter die Lupe.
Die übrigen Klassen nutzten den Projekttag, um sich näher mit dem Thema Holocaust auseinanderzusetzen: Die 13a suchte die Kandler „Stolpersteine“ auf, während die 13c die Darstellung des Holocaust in der Literatur und im Film betrachtete. Die 9. Klassen besuchten die Gedenkstätte des Konzentrationslagers in Struthof im Elsass.
Zwei 10. Klassen empfingen Gäste der Organisation „Meet a jew“ und erfuhren viel über die Religion und das aktuelle Leben junger Juden in Deutschland.
Das ehemalige jüdische Leben in Speyer zu untersuchen, war hingegen das Exkursionsziel der 13d. Drei 12. Klassen betrachteten verschiedene Songs der Punkband „Die Ärzte“ genauer und entdeckten vielfältige Parallelen zu Texten von z.B. Kurt Tucholsky, Heinrich Zille, Hans Fallada oder Joseph Roth.
Dieser 12. Jahrgang konnte schließlich die äußerst bereichernde Erfahrung machen, den Fotografen und Initiator der Ausstellung „Gegen das Vergessen“ Luigi Toscano in unserer Aula kennenzulernen und interviewen zu dürfen. Dies ermöglichte ihnen einen vertiefenden Einblick in die Entstehungsgeschichte des Projektes, die Motivation des Künstlers und seine Arbeitsweise.
Dass der mit dem Bundesverdienstorden und als UNESCO Artist of peace ausgezeichnete Fotograf am 12.10. zur öffentlichen Präsentation der Ausstellung erneut anreiste, war ein besonderes Geschenk für unsere Schule und die Kandler Öffentlichkeit. Herr Toscano zeigte sich tief berührt von unserer schulischen Auseinandersetzung mit dem Thema der Ausstellung, insbesondere die theatrale Aufbereitung des DS-Kurses der 12. Klasse hatte es ihm angetan, denn es wurden u.a. Horst Sommerfelds Erfahrungen zitiert und gerade mit ihm fühlte sich der Fotograf freundschaftlich tief verbunden. Toscano berichtete, dass Horst Sommerfeld durch diese Ausstellung nach vielen Jahrzehnten wieder den Kontakt zu seinem Freund und Nachbarn aus Kindertagen Walter Frankenstein bekam, der ebenfalls den Holocaust überlebte. Diese Geschichte steht beispielhaft für unzählige Begegnungen und Erfahrungen, von denen der Künstler beim anschließenden Ausstellungsrundgang erzählte.
Alles in allem war der diesjähriger Demokratietag ein Riesenerfolg. Dies zeigten die vielfältigen positiven Rückmeldungen von den Schülerinnen und Schülern, des Kollegiums und auch der Presse (Rheinpfalz, Pfalzexpress). Uns allen wurde besonders ins Gedächtnis gerufen, dass Demokratie von uns allen aktiv gelebt, gepflegt und wertgeschätzt werden muss, dass wir uns Diskursen und gesellschaftlichen Problemen stellen und nicht wegschauen dürfen, denn eine Selbstverständlichkeit ist Demokratie nicht.