Was motiviert dazu, 217 km durch das Death Valley, wo regelmäßig über 50°C gemessen werden; zu rennen?
Ultralangstreckenläufer Michael Ohler sprach mit SchülerInnen über intrinsische Motivation
Am 29.4.2022 kam unser Sport-Leistungskurs der Klasse 12 unter der Leitung von Frau Fink-Rödel zu einer Sport-Theoriestunde der besonderen Art: Der amtierende Deutsche Meister seiner Altersklasse im Ultramarathon über 100 km, der in seinem Leben unzählige Marathon- und Ultralangstreckenläufe absolvierte und der sich derzeit auf einen 135 Meilenlauf quer durch die Wüste von Death Valley in den USA vorbereitet, hielt einen „kleinen Impulsvortrag“ – so Michael Ohler – der bei uns große Wirkung hinterließ.
Mit seinem Vortrag beabsichtigte M. Ohler uns SchülerInnen des Sport-LKs Motivation und Anreize verschiedener Art zu vermitteln. Zu diesem Zweck erzählte er die Geschichte seines Sportlerdaseins von Anfang an. Was wir hörten, war eine erstaunliche Geschichte:
Herr Ohler war schon in seiner Kindheit sportlich aktiv; er spielte von klein auf als Torwart Fußball, sein Idol war zu dieser Zeit der FCK-Torhüter Ronnie Hellström. Der Fußball gab ihm Halt und Motivation über den Sport hinaus. Als seine Eltern ihm in der Jugend verboten, weiter Fußball zu spielen, verlor er seinen Halt und Antrieb, was sich prompt auf seine Schulnoten auswirkte. Er flog von der Realschule und machte mit Mühe den Hauptschulabschluss. Die Botschaft an uns lautete hierbei klar: Außerschulische, private Aktivitäten geben Schülern Halt und Antrieb über die Aktivität hinaus, einen Antrieb, der nicht durch außen erzwungen wird, sondern von innen kommt. Wer diesen Aktivitäten nicht nachgehen kann, kann sich und seine Identität verlieren.
Mit Glück ergatterte Herr Ohler trotz dieser frühen Lebenskrise einen Ausbildungsplatz bei Siemens und ist heute in einer Verantwortungsposition für eine Vielzahl von Mitarbeitern.
Zum Laufsport kam er über eine als Scherz gedachte „Schnapsidee“ aus der Nachbarschaft, regelmäßig Laufsport im Bienwald zu betreiben und nach einigen Jahren gehört er nun zu den erfolgreichsten deutschen Ultralangstreckenläufern. Das Rezept für Erfolg im Sport ist in Herrn Ohlers Augen eine große Portion Willenskraft kombiniert mit Talent. Dazu gehört vor allem, seine eigene Komfortzone zu überwinden und ein klares Ziel zu fokussieren. Die Konkretisierung eines solchen Ziels (hier ein sportbezogenes Ziel, der Grundsatz ist allerdings übertragbar auf jegliche Ziele im Leben) erfolgt durch einen genauen Trainings–und Ernährungsplan. Wichtig ist es hierbei, die Trainingsprinzipien konsequent mit enormer Selbstdisziplin zu beachten, um größtmögliche Effektivität zu erreichen. Er läuft an jedem Wochentag außer am Montag, welchen er als Ruhetag nutzt, und stellt für jeden speziellen (Ultra)-Marathonlauf ein enormes, die Belastungsgrenze z.T. übersteigendes Trainingsprogramm zusammen. Uns imponierte auch sein psychisches Trainingskonzept. Im Laufe der Jahre steigerte sich Herrn Ohlers Kondition stetig, sein Körperfettanteil reduzierte sich stark.
Seit 2011 absolvierte er jährlich zahlreiche Ultra-Marathonläufe, bei welchen er viele positive und negative Erfahrungen machte. So widerfuhr beispielsweise einem ihm vorauslaufendem Läufer in Chamonix, auf einem 145-km Berglauf in den Schweizer Alpen im Jahr 2012, ein schwerer Unfall aufgrund widriger Witterungsbedingungen. Die nachfolgenden Läufer mussten aufgrund dessen eine zweistündige Pause einlegen, welche kombiniert mit der Kälte und Nässe einen starken Erschöpfungszustand bei den Läufern auslöste.
Diese Situation ließ Angst und auch Zweifel aufkommen und der Unfall wirkte abschreckend, sich erneut solchen Extrembedingungen auszusetzen. Die Reaktion von Herrn Ohler war die Diskussion mit seiner Familie, ob er sein Hobby aufgeben solle. Und er kam zu dem Schluss, dass man seine Wünsche und Träume nicht aufgeben dürfe und dass Gesundheit und der Spaß an der Sache immer wichtiger sein müssten als der vor Augen gehaltene sportliche Erfolg oder Misserfolg. Den Geist und die Motivation, die zur Überwindung von Tiefschlägen und dem ausdauerndem Festhalten an den persönlichen Träumen erforderlich ist, wollte Herr Ohler durch seinen Vortrag in unsere Klasse bringen, was ihm sehr gut gelungen ist.
Adrian S. (MSS 12)