Salsa, Flamenco, Tango, Perú, Tapas … und das Lächeln des Seeelefanten
Typisch peruanisch? Nicht leicht zu sagen, findet José Carlos, denn Perú ist ein Land der Kontraste. In seiner Heimat finden sich Regenwälder wie Wüstenregionen, pulsierende Großstädte und kleine Dörfer, osos perezosos (Faultiere) und anmutige Jaguare, regenbogenfarbene Berggipfel und der dritttiefste Canyon der Welt. In der höchstgelegenen Siedlung der Welt, auf über 5000m, fällt das Atmen sicherlich schwerer als in Lima, der einzigen Hauptstadt der Welt mit Blick auf den Pazifik.
José Carlos nimmt uns mit auf eine Reise zu einem Land auf der anderen Seite der Welt, das durch seine bildhafte Erzählkunst für diese drei Stunden fast greifbar nah erscheint. Humorvoll vergleicht er Deutschland und Perú, die als verbindendes Element mit Sicherheit die Liebe zur Kartoffel aufweisen können, der die Pfälzer bereits ein Museum gewidmet haben – dieses würde José Carlos am liebsten mit nach Peru nehmen.
Obwohl Perú eines der von der Coronapandemie am härtesten geschlagenen Länder ist, behalten die Peruaner ihre Lebensfreude bei, hören nicht auf zu tanzen und optimistisch zu sein. Diese lebensbejahende Mentalität spiegelt sich in José Carlos wider, der uns ab dem ersten Moment miteinander in Beziehung setzt und nicht nur einen Vortrag halten will, sondern auf ein interaktives Gespräch hofft. Erwachsene sowie Schülerinnen und Schüler, die an diesem kurzfristig geplanten Freitagabend zahlreich erschienen sind, stellen unaufhörlich Fragen, die den Abend um 150% der geplanten Zeit verlängern, und doch will kaum einer früher gehen.
Wie viele Länder der Welt hat er als Reisender auf dem Handelsschiff gesehen? Welche Traditionen aus seiner Heimat vermisst er nach etwa 20 Jahren in Deutschland? Warum ist er nach seiner unverhofften Landung in einem kalt-nassen Kiel ausgerechnet in Deutschland geblieben? Wurde er auch schon auf einer Flussdurchquerung von einer giftigen Schlange gebissen? Hat er auch schon einmal Meerschweinchen gegessen? Offenherzig und geduldig antwortet José Carlos auf all unsere Fragen und gibt Zeugnis von einer ganz anderen Welt, weckt unser Interesse und ein Staunen, das mit Sicherheit viele von uns mit der Lust erfüllt, seine Heimat zu besuchen.
Am Ende des Abends gibt uns der Schriftsteller auch Einblick in seine neu erschienene Kurzgeschichtensammlung La sonrisa del elefante marino („Das Lächeln des Seeelefanten“). Hier können wir an diesem zweisprachigen Abend für ein paar Minuten am Stück seiner melodiösen Muttersprache lauschen, bevor wir die Übersetzung auf Deutsch hören. José Carlos schreibt mit metaphorischer Eleganz und Poetik über tiefgründige Themen, die den Kern der menschlichen Existenz treffen. Der weit gereiste Journalist, Schriftsteller, und Spanischlehrer versteht es, mit Worten umzugehen, und hat inhaltlich genug zu sagen. Für sein Werk hat er schon mehrfache Preise gewonnen.
Begleitet wird José Carlos an diesem Abend von der Sängerin Anna-Sophie Könnemann, die mit sanfter und zugleich starker Stimme verschiedene spanischsprachige Lieder zum Ausdruck bringt. Ihre Band genießt es sichtlich, nach langer, pandemiebedingter Pause endlich wieder auftreten zu dürfen. Ihre Begeisterung und das musikalische Talent dringen aus jeder Note und jedem rhythmischen Anschlag. Von Balladen über Salsa, Flamenco und sogar Jazz haben Sängerin und Band alles zu bieten und untermalen diesen Abend mit den schönsten Melodien.
In der Pause sowie am Ende der Veranstaltung haben Gäste und Künstler Zeit für einen persönlichen Austausch. Für die passende Verpflegung sorgen die Zehntklässler, die sehr authentische Tapas zubereitet und verschiedene Getränke bereitgestellt haben. Nach langer Pandemiepause ist dieser Abend ein wunderbarer Auftakt in eine hoffentlich bald wieder einkehrende Normalität, in der wir solche gemeinschaftlichen und vor allem auch interkulturellen Veranstaltungen öfter organisieren dürfen.
Lieber José Carlos, schön, dass du da warst. Komm gerne wieder.