Marlene Kalf
Ort: Zoom Meeting
Marlene Kalf (geb. Zapf) ist eine aktive Profihandballspielerin. Die 32-Jährige spielt für den TuS Metzingen und hatte schon einige Einsatze (103) bei der deutschen Nationalmannschaft. Sie stammt aus Wörth am Rhein und besuchte die IGS Kandel in den Jahren 2000-2009, wo sie erfolgreich ihr Abitur mit den Leistungsfächern Mathematik, Biologie und Erdkunde bestand. Nach der Schule studierte Marlene Grundschullehramt und arbeitet heute an einer Schule in Metzingen.
Weitere Infos unter https://de.wikipedia.org/wiki/Marlene_Kalf
Lenny: Hast du heute noch Kontakt zu LehrerInnen oder ehemaligen SchülerInnen?
Marlene: Ja, vor kurzem hatte ich dann tatsächlich Kontakt zu Herrn Biernoth, welcher mich auf das Projekt mit den Interviews angesprochen hatte. Sonst habe ich zu ein paar Mitschülern auch noch Kontakt, aber da ich schon lange nicht mehr in der Heimat wohne hat sich das leider ein wenig verlaufen.
Lenny: Wie bist du zum Handball gekommen?
Marlene: Ich bin in einer Handballerfamilie aufgewachsen. Mein Papa hat Handball gespielt und auch meine zwei älteren Schwestern, dadurch war ich immer dabei in der Halle. Ich bin also schon von klein auf ein Hallenkind und habe mit ungefähr 5 Jahren dann selber angefangen zu spielen.
Lenny: Hat dich die Schule in irgendeiner Art beeinflusst in Hinsicht auf deine Entscheidungen in deiner sportlichen Karriere?
Marlene: Es war super für mich, dass mich die Schule da gut unterstützt hat. Ich hatte natürlich auch immer mal wieder Fehlzeiten durch Nationalmannschaftslehrgänge, die genehmigt werden mussten. Da habe ich dann schon eine große Unterstützung von der Schule erfahren, was eine große Hilfe dabei war.
Lenny: Während deiner Schulzeit und vor allem im Abitur warst du auch schon im Profibereich aktiv. Wie hast du das geschafft? Hat dich die Schule dabei unterstützt? Haben deine Noten darunter gelitten?
Marlene: Ob die Noten dabei gelitten haben, ist jetzt im Nachhinein schwer zu sagen. Ob es jetzt vielleicht anders verlaufen wäre, weiß man nicht. Also ich kann nur sagen, man muss sehr strukturiert und organisiert sein um den Alltag zu stemmen. Ich hatte dann natürlich auch nette Lehrer und Mitschüler, die mir geholfen haben die Unterrichtsinhalte nachzuholen.
Lenny: Du hast dich nach der Schule für ein Studium entschieden und bist heute Grundschullehrerin. Warum hast du Lehramt studiert und nichts direkt im Bereich Sport, was bei dir ja sehr naheliegend gewesen wäre?
Marlene: Mir hat es schon immer Freude bereitet Kindern etwas beizubringen. Ich habe auch schon in Wörth Jugendmannschaften trainiert und einfach gemerkt, dass mir das großen Spaß macht. Ich wollte das Ganze dann nicht auf den Sport begrenzen, sondern auch auf andere Bereiche und da war Grundschullehramt ganz naheliegend.
Lenny: Hast du zwischen dem ganzen Stress in Schule und Studium mal darüber nachgedacht deine Profikarriere zu beenden?
Marlene: Nein, darüber habe ich nie nachgedacht. Ich hatte zum Glück immer großen Spaß dabei, mit dem was ich gemacht habe. Es gab natürlich auch stressige Phasen, während meines Referendariats, z.B. hatte ich dann sehr, sehr wenig Freizeit. Aber im Großen und Ganzen habe ich den Weg nie bereut und würde es auch immer wieder so machen.
Lenny: Wie schon erwähnt, arbeitest du neben deiner sportlichen Karriere noch, verdienst aber auch Geld mit Handball. Siehst du somit das Handballspielen als Hobby oder Beruf an?
Marlene: Ich sag immer, ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Für mich ist das einfach ein toller Ausgleich. Für den Handball ist es ein guter Ausgleich, dass ich in der Schule bin. Gleichzeitig ist aber auch eine aktive Beschäftigung neben dem Lehreralltag gut. Für mich ist es auf jeden Fall eine super Kombination.
Lenny: Im Männerbereich verdienen einige Handballspieler deutlich mehr Geld und müssen nebenbei nicht arbeiten. Findest du das unfair?
Marlene: Also wenn man den Arbeitsaufwand sieht, ist der bei uns nicht geringer als bei den Männern. Klar werden die höheren Einnahmen durch die höhere Medienpräsenz gerechtfertigt. Das Ganze ist natürlich ein umstrittenes Thema und jetzt schwierig zu beantworten (lacht).
Lenny: Ihr seid momentan mitten in der Saison der Bundesliga. Wie kann ich mir das vorstellen? Trainiert ihr 5 Tage die Woche und fahrt dann samstags mit dem Bus zum Spiel?
Marlene: Wir haben 8 - 9 mal Training die Woche, teilweise auch am Vormittag. Ich muss dazu sagen, dass ich nur eine halbe Stelle an der Schule habe und mein Stundenplan ist gut ums Training herumgeplant. Dadurch, dass ich auch hier in Metzingen an der Schule bin, kann ich gut zwischen Schule und Training hin und her switchen. Am Wochenende ist dann meistens ein Spiel, manchmal auch mal unter der Woche.
Lenny: Wo bleibt da Zeit für Privates und Berufliches?
Marlene: Das Ganze nimmt natürlich sehr viel Zeit ein. Es ist zum Glück etwas, was mir großen Spaß macht und mein Hobby ist. Man steckt auch oft zurück, aber erlebt im Gegenzug auch ganz, ganz viel. Durch die Europapokalspiele mit dem Verein und den Länderspielen und Großturnieren mit der Nationalmannschaft habe ich zum Beispiel sehr viele verschiedene Länder kennengelernt. Zudem lernt man im Laufe der Jahre viele verschiedene Menschen kennen Man braucht aber natürlich Familie und Partner, die den Profisport unterstützen, sonst geht das nicht.
Lenny: Wie gehst du mit Tiefpunkten und Niederschlägen (wie Verletzung, Ausscheiden bei einem Turnier) um?
Marlene: Von größeren Verletzungen wurde ich Gott sei Dank verschont. Dazu kann ich zum Glück nicht so viel zu sagen. Ich glaube man muss sich einfach klar machen, dass es nicht immer bergauf geht, sondern ab und an mal Talfahrten kommen. Aber eines ist klar, Aufgeben bringt nichts.
Lenny: Du bist jetzt 32, wie lange hast du vor Handball im Profibereich zu spielen. Denkst du dein Karriereende wird dir leichtfallen?
Marlene: Ich habe dem Verein bekannt gegeben, dass ich im Sommer meine Karriere beende. Ich bin 32, da wird nicht mehr allzu viel kommen. Mein Körper spürt die jahrelange Belastung auch so langsam. Wenn man Woche für Woche, 9 mal die Woche Training hat plus Spiel, hinterlässt das auch am Körper Spuren.
Lenny: Kannst du dir vorstellen, dann die Trainerposition einzunehmen oder deine Qualitäten anders einzubringen?
Marlene: Mit Sicherheit werde ich dem Handball nicht fernbleiben, wenn ich mal meine Karriere beende. Wie es dann im Endeffekt läuft werde ich erst merken, wenn ich wirklich in der Situation bin, ob ich dann vielleicht erstmal eine Auszeit vom Handball brauche, was ich mir aber eigentlich nicht vorstellen kann. Der Handball hat mein Leben geprägt von klein auf. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich in Zukunft nicht mehr in der Halle sein werde.
Lenny: Findest du Sport generell und vor allem der Weg in den Profibereich sollte mehr an Schulen gefördert werden?
Marlene: Ja, also grundsätzlich finde ich den Sport in der Schule super, super wichtig. Vor allem, weil die Kinder immer weniger Zugänge zu den Sportvereinen haben, sollten sie viele verschiedene Sportarten kennenlernen und gefördert werden. Ihnen sollte auch ein Weg gezeigt werden, dass es auch anderweitige Beschäftigungen gibt, als nur vor dem Computer zu sitzen oder einfach nur zuhause zu spielen. Ich finde es schon sehr wichtig, dass auch die Schule dazu einen großen Beitrag leistet.
Lenny: Was kannst du jungen, ehrgeizigen SportlerInnen mit auf den Weg geben?
Marlene: Auch wenn’s mal nicht so läuft, immer an sich selbst glauben, Gas geben und die eigenen Ziele im Auge haben, diese verfolgen und daran festhalten.
Lenny: Wo hat die Schule dir geholfen auf dem Weg zu dem, was du heute bist?
Marlene: […] Die Schule hat mich auf meinem Weg unterstützt. Die IGS ist ja in dem Sinne keine Sportschule und da ist es nicht selbstverständlich, dass man einige Fehltage für die Nationalmannschaft hat. Es war aber Gott sei Dank nie ein Problem und die Lehrer haben mich dann auch im Nachhinein unterstützt, wenn ich wieder da war, sodass ich den Stoff nachholen konnte. Für das alles bin ich sehr, sehr dankbar. Mit ihrem Unterricht haben sie mich natürlich auch geprägt und für das Studium gut ausgebildet. (lacht)
Lenny: Was ist dir aus deiner Schulzeit (hoffentlich) gut in Erinnerung geblieben?
Marlene: Die IGS ist ja keine riesige Schule, aber der Zusammenhalt war immer groß. Es hat mir auch sehr gefallen, dass man immer engen Kontakt zu den Lehrern hatte. Das Ganze war immer auf einer persönlichen, unterstützenden Ebene und das bleibt mir auch Jahre später noch in Erinnerung.